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Zehn Jahre sind es her!

Grafik: OpenClipart-Vectors auf Pixabay

Vor zehn Jahren, am 23. Dezember 2014, fanden sich dreißig engagierte Menschen zur Gründung eines Vereins zusammen: ihr gemeinsames Ziel war der Erhalt des in seiner Existenz bedrohten Hallenfreibades in Wattenscheid-Höntrop.
Gründungsversammlung am 23.Dez.2014 im Krug zum grünen Kranze, Foto: D. Wäsche / FUNKE Foto Services

Seitdem ist viel oder auch wenig passiert, je nach Sichtweise ist das Glas heute halb voll oder halb leer. Es würde zu weit führen die von uns ein ganzes Jahrzehnt erlebte, zum Teil auch erlittene Bochumer Bäderpolitik hier chronologisch beschreiben zu wollen: das Kommen und Gehen von Verantwortlichen, die zahlreichen politischen Beschlüsse und Versprechungen, die Fehler und Versäumnisse der Verwaltung, nicht zuletzt der Bäderverwaltung, später der Bädergesellschaft. Und damit einhergehend das Auf und Ab unserer Gefühle und Hoffnungen. Wer mag, kann auf unserem Blog, unserer Homepage, zurückblättern, und damit diese Entwicklungen Revue passieren lassen.

Diese zehn Jahre haben uns viel Kraft und Ausdauer gekostet: immer wieder mussten wir uns fragen, wie steht es um unser Bad und was können wir aktuell für seinen Erhalt tun. So zuletzt auch im Rahmen unserer diesjährigen Jahreshauptversammlung, die am 25. November 2024 in der Gastronomie der TG Bochum 49 stattfand.

Ordentliche Mitgliederversammlung 2024

Die obligatorischen Regularien wurden zügig durchgearbeitet, am Ende wurde der Vorstand von der beschlussfähigen Versammlung einstimmig entlastet. Wahlen standen nicht an.

So kamen wir schnell zur Kernfrage der diesjährigen Versammlung: wie geht es mit unserem Verein weiter? Seit längerem war schon klar, dass Bochum sein einst schönstes Freibad aufgeben wird. Aber am 10. Oktober beendeten CDU, SPD und Grüne im Stadtrat auch das Sprungvergnügen von Bochums einzigem 10-m-Turm endgültig. Trotz des breiten Votums aus der Bürgerschaft verlor Bochums Jugend nach über 50 Jahren neben dem Freibad, ohne jede Not, nun auch noch diese außergewöhnliche Freizeit-Attraktion.

Dabei hatten wir im zu Ende gehenden Jahr noch einmal erhebliche Kraftanstrengungen für unsere phänomenale Sprunganlage unternommen. Etliche Gespräche wurden geführt, Postkarten verteilt, Konzepte ersonnen, der WDR war vor Ort, wir durften in der Lokalzeit Ruhr auftreten und der Südpark erzitterte unter Sambarhythmen. Dennoch konnten wir die Sprunganlage, die wir gesondert thematisierten und vor den Bochumer Stadtrat brachten, nicht retten. Das ist bitter. Manche fragten sich deshalb, welche Konsequenzen nach dieser sehr enttäuschenden Abstimmung im Rat zu ziehen wären, und ob es mit dem Verein überhaupt weiter gehen solle.

Doch die Aktiven trugen es nicht nur mit Fassung, vielmehr tat die Ausgangslage der konstruktiven, vertrauensvollen Stimmung der Versammlung keinen Abbruch. In einem offenen Meinungsaustausch kamen alle Mitglieder und Gäste bei einem gemeinsamen Abendessen zu Wort. Sie brachten unterschiedliche Sichtweisen mit, erzählten, erläuterten und hörten zu. Es war eigentlich genau so, wie es sein soll. Man kommt mit einer Meinung, hört andere Meinungen, überprüft vielleicht den eigenen Standpunkt oder wird darin bestärkt.

Einerseits nur töricht

Wie töricht es doch sei, einen einmaligen, bereits sanierten Sprungturm aufzugeben, und stattdessen, wieder für viel Geld, in der künftigen Schwimmhalle einen neuen, kleineren, komplett neu zu errichten, hieß es unter den Freundinnen und Freunden. Ein neuer Sprungturm, der viel Geld kosten wird, für den die Schwimmhalle eigens höher und somit teurer werden muss. Der aber kein eigenes Sprungbecken mehr haben wird. Die Springer:innen werden künftig die Schwimmer:innen beeinträchtigen und umgekehrt.

Doch der Verlust des Freibades und des Sprungturms ist nicht der einzige, wahrscheinlich auch nicht der größte Schaden, der in diesem Zusammenhang gesehen wird. Denn es ging hier längst um mehr als nur die Schwimmbadfragen. Es ging um das Verhältnis zwischen Kommunalpolitiker:innen und Bürger:innen, um die Qualität des Austauschs und des gemeinsamen Handelns, um Ernsthaftigkeit und Glaubwürdigkeit. Letztendlich ging es auch um Festigung oder Schwächung unserer demokratischen Strukturen. Und wir sind der Meinung, Kommunalpolitik nebst Verwaltung haben hier nicht bestanden, indem der Bürgerwille ignoriert, statt respektiert wurde.

Andererseits eine riesige verpasste Chance!

Denn am Ende dieses zehn Jahre währenden Streites hätte es einen Kompromiss gebraucht. Ein Eingehen auf ein breites Bürgervotum, anstatt eines Beharrens auf einer technokratischen Sichtweise, wie man sie sich bei der Bädergesellschaft zugelegt hat und wie sie von der Kommunalpolitik mehrheitlich kritiklos übernommen wurde.

Wieso im Bochumer Rat am 10. Oktober mit der Entscheidung gegen den Sprungturm all denjenigen recht gegeben wurde, die ohnehin keine hohe Meinung von unserer repäsentativen Demokratie haben, sie geringschätzen und sich von ihr abwenden, das blieb allen Beteiligten unserer Versammlung ein Rätsel. Dass „die da oben eh machen, was sie wollen“, dieser zerstörerischen Haltung wurde unnötig Nahrung gegeben. Unsere Amateurpolitiker:innen, ehrenamtliche, auch sie sollten diese Zusammenhänge im Blick haben. Sie müssten erkennen können, wie ihr Verhalten in kommunalen Fragen und ihr Umgang mit der Bürgerschaft das Bild unserer Demokratie entweder in die eine oder andere Richtung mit prägen.

Sonntagsreden zum Schutz unserer Demokratie hat es genug gegeben, auch in Bochum. Was es braucht ist umsichtiges Handeln, gerade auch in den Kommunen. Die Kommunalpolitik muss als Partnerin der Bürgerschaft wahrnehmbar werden. Die Devise sollte sein, mit den Bürger:innen zu regieren, nicht über deren Köpfe hinweg. Relevanter Bürgerwille muss erkennbar in Entscheidungen einbezogen, Beschlüsse sollten gegebenenfalls geändert werden. All das hat dieses mal nicht geklappt. Aber wir geben die Hoffnung nicht auf. Unreifes kann reifen, verloren gegangenes kann zurückgewonnen werden.

Und was wird nun aus dem Verein?

Vielleicht lag es daran, dass wir schon zehn Jahre gemeinsam an einem Strang ziehen: trotz unterschiedlicher Sichtweisen beim Eintritt in die Aussprache, stand am Ende der einstimmige Beschluss für den Fortbestand des Vereins und die Weiterverfolgung des Vereinszwecks. Schließlich wollen wir es noch erleben, dass in Höntrop wieder geschwommen werden kann, und zwar in dem versprochenen, zukunftsfähigen Parkhallenschwimmbad. Aber auch die von uns aufgebauten Strukturen, untereinander wie nach außen, sind uns einfach zu wertvoll, als dass wir sie im zehnten Vereinsjahr hätten aufgeben wollen.

Wir wünschen allen Mitgliedern, Petent:innen und Symathisant:innen frohe Weihnachtstage, einen guten Rutsch und ein friedlicheres Jahr 2025!

Eure

„Freundinnen und Freunde des Hallenfreibades Höntrop“ e.V.
www.schwimmeninhoentrop.de
www.openpetition.de/!10m
— 
Stefan Wolf
für den Vorstand