Offener Brief an B. Jentsch

Nach den nicht sehr überraschenden, aber dennoch traurigen Niederlagen in Rat und Aufsichtsrat mussten wir alle erst mal tief Luft holen und uns sammeln. Inzwischen ist klar:

es geht weiter und es gibt Handlungsmöglichkeiten!

Derweil bekräftigte die Bochumer SPD am Donnerstag Abend auf WAZ.de Ihre Haltung in einer Weise, die förmlich nach einer Antwort von unserer Seite rief. Hier ist sie nun, unsere Antwort, als offener Brief an Burkhart Jentsch (im Wortlaut):

Sehr geehrter Herr Jentsch,

am Mittwoch verkündeten Sie auf der Startseite Ihrer Partei, dass Sie bei der Landtagswahl mit Ihren demokratischen Überzeugungen punkten, und Kinder, Jugendliche und Familien in den Mittelpunkt Ihres Wahlkampfs stellen wollen.

Donnerstag hingegen machten Sie auf WAZ.de erneut deutlich, dass sie ohne Rücksicht auf die Mehrheitsmeinung der Bochumer:innen und gegen die Interessen der Jugend, der Familien, aber auch der älteren Menschen, das sogenannte „Bäderkonzept“ der Stadtwerke durchboxen wollen.

Da passt doch etwas nicht zusammen, und die Schließung der Freibäder wirkt ganz und gar nicht wie das von Ihnen angekündigte „Warmlaufen für die heiße Wahlkampfphase“, im Gegenteil.

Oder soll etwa eine Badestelle an der Ruhr, deren baldige Eröffnung just heute verkündet wird, für Familien, Ältere und Mobilitätseingeschränkte ernsthaft eine Alternative darstellen?

Das „Bäderkonzept“ ist nichts weiter als ein lückenhafter Variantenvergleich, dessen monetäre Grundlagen zudem vor den Bürger:innen geheim gehalten werden. Wie wenig Konzeption hinter all dem steckt zeigt sich unter anderem darin, wie Sie bereits seit dem letzten November mit vagen Ideen zur Zukunft der Höntroper und Langendreerer Freibadflächen durch die Presse irrlichtern:

Den (trockengelegten) Sprungturm „könnte man beispielsweise bei Dunkelheit beleuchten und tagsüber anders optisch in Szene setzen. Er könnte aber auch ganz anders in die Fläche am Bad einbezogen werden.“

Wir meinen: was für ein unausgegorener Quatsch! Und übrigens: kein Mensch und kein Tier braucht eine nächtliche Lichtverschmutzung mitten im Südpark.

Und weil den Verantwortlichen noch nicht einmal ein überzeugendes Nachnutzungskonzept für die zur Streichung vorgesehenen Freibadflächen eingefallen ist, besinnt man sich nun plötzlich darauf, die Bürger:innen einbeziehen zu wollen.

Mit anderen Worten: wir machen das Freibad dicht, lasst ihr euch gefälligst was einfallen!

Sie sagen, Sie hätten sich die Entscheidung nicht leicht gemacht und am Ende hätten mehr Gründe für eine Schließung gesprochen. Wo bitte wurde denn das Für und Wider mit den Bürger:innen erörtert und niedergeschrieben? Es tut uns leid, aber die beharrliche Verweigerung selbst niederschwelliger Formen der Bürgerbeteiligung, widerspricht jedem modernen Demokratieverständnis!

Es ist Ihnen wirklich unbenommen, wenn Sie als „begeisterter Schwimmer“ Ihrer Leidenschaft im stets wohltemperierten Wasser von Blau-Weiß im Wiesental nachgehen. Aber ist es glaubwürdig, wenn Sie den Wattenscheider Bürger:innen von dort aus Verzicht predigen, selbst aber Wein trinken?

Und war es verantwortungsvoll und nachhaltig, ein Schwimmbad über Jahre bewusst verkommen zu lassen? Den Bürger:innen eiskaltes Wasser in einem unbeheizten Schwimmbecken zuzumuten, anstatt ein paar Solarabsorber aufs Dach zu legen? War es gerecht, die Familien auszusperren, anstatt den Nichtschwimmerbereich in Höntrop mit einfachen Mitteln zu ertüchtigen? Musste man Öffnungszeiten an den Bedürfnissen der städtischen Mitarbeiter anstatt an denen der berufstätigen Bürger:innen ausrichten?

Und als was muss man es schließlich bezeichnen, wenn Sie nach dieser zerstörerischen Strategie den Bürger:innen sagen, sie seien selbst Schuld an der Schließung, denn sie hätten ja kein ausreichendes Interesse mehr an diesem Freibad gezeigt?

Am 3. März hatten Sie im Rat die Möglichkeit einen Kurswechsel zu vollziehen. Rund 10.000 Bochumerinnen und Bochumer hatten Sie darum gebeten.

Aber Sie schätzen dieses starke Votum gering. Sie bezweifeln, dass es sich hierbei um den mehrheitlichen Bürger:innenwillen handelt. Damit liegen Sie falsch. Lassen Sie uns die Probe aufs Exempel machen!

Haben Sie den Mut zur Wahrheit? Sind Sie bereit zu mehr Demokratie und wünschen Sie sich verloren gegangenes Vertrauen der Bürger:innen zurück?

Dazu ist es noch nicht zu spät, es gibt eine einfache Möglichkeit: Lassen Sie die Bürger:innen Bochums über ihre Freibäder selbst bestimmen, in einer fairen, unabhängigen und geheimen Wahl. Setzen Sie sich doch bitte dafür ein, dass ein Ratsbürgerentscheid in dieser die Bochumer:innen stark bewegenden Angelegenheit stattfinden möge!

Mit weiterhin hoffnungsvollen Grüßen und stets bereit, die Hand zu reichen

„Freundinnen und Freunde des Hallenfreibades Höntrop“ e.V.
Stefan Wolf (Vorsitzender)