Abriss erledigt – was nun?

Foto: Freundinnen und Freunde des Hallenfreibades Höntrop e.V.

Ein offener Brief an alle Freundinnen und Freunde des Hallenfreibades Höntrop, innerhalb wie außerhalb unseres Fördervereins

Liebe Freundinnen und Freunde des Hallenfreibades Höntrop,

ein weiteres Vereinsjahr geht in Kürze zu Ende, ein Jahr, von dem wir uns viel Fortschritt für die Erneuerung des Hallenfreibades erhofft hatten. Heute fragen wir, wie weit sich diese Hoffnungen erfüllt haben.

Wie die Presse berichtete starteten die Abrissarbeiten am Schwimmbad bereits im Herbst:
https://www.waz.de/staedte/wattenscheid/suedpark-hallenbad-wird-abgerissen-id230848456.html

Inzwischen sind sie, wie auch unser Titelfoto zeigt, weitgehend abgeschlossen.

Schwimmbadkonzepte zum Jahresbeginn

Dem ging voraus, dass die „WasserWelten Bochum“ im zeitigen Frühjahr fünf Varianten für das künftige Höntroper Schwimmbad in der Bezirksvertretung Wattenscheid und im Ausschuss für Sport und Freizeit präsentierten.

Die Darstellung dieser Varianten kann im Ratsinformationssystem unter dem folgenden Link nachgelesen werden:
https://session.bochum.de/bi/to0040.asp?__ksinr=12843&toselect=204541

Mit den Präsentationen in Bezirksvertretung und Ausschuss wolle man ein Meinungsbild der Politik über deren Präferenzen einholen, hieß es damals bei den Wasserwelten. Doch die Vorschläge spalteten die Gemüter:
https://www.waz.de/staedte/bochum/wattenscheid-fetzen-fliegen-zur-zukunft-des-suedpark-bades-id229180372.html

Denn keine der von den Wasserwelten skizzierten Varianten überzeugte die Politik. Nur eine Minderheit wollte den Vorlieben des Geschäftsführers der Wasserwelten, Bertold Schmitt, folgen: ein 50 Mio Euro teures Prestigeobjekt, angelehnt an Konzepte die vor zwanzig Jahren andernorts einmal erfolgreich waren. Es müsste mindestens 360.000 Besucher pro Jahr anziehen um sich wirtschaftlich einigermaßen rechtfertigen zu können und würde letztlich mit dem Freizeitbad Heveney um Besucher konkurrieren (Variante 1).

Quelle: Ratsinformationssystem der Stadt Bochum

Zudem erscheint sie als absurde Variante, indem sie einerseits auf die hohe Aufenthaltsqualität des Standorts Südpark setzt, diese andereseits durch hohe Besucherzahlen stark beschädigen würde. Und wie eine Sensitivitätsanalyse unseres Vereins zeigte, steht die „Wirtschaftlichkeit“ der großen Variante ohnehin auf tönernen Füßen: schon das Ausbleiben eines Teils der Besucher würde ins wirtschaftliche Aus führen, indem der Zuschussbedarf weit über die prognostizierten Werte hinausginge. Auch der Plan der Wasserwelten, ihre Verwaltung im Südpark, mitten im Grünen, unterbringen zu wollen ist keine gute Idee, nicht nur wegen der erwartbaren Leerstände an Bestandsimmobilien unserer Innenstadt, für die neue Nutzungen gebraucht werden.

Aber auch die von den Wasserwelten als zweitbeste Lösung bezeichnete Variante 3 fand nicht die Zustimmung der Politik. Denn die damit verbundene Schließung des traditionsreichen Höntroper Freibadangebotes bis hin zum Abriss des vor wenigen Jahren erst aufwändig sanierten Sprungturms leuchtete der Politik verständlicherweise ebenfalls nicht ein.

Quelle: Ratsinformationssystem der Stadt Bochum
So wurde der Politik die Wahl zur Qual

Dadurch sah sich die Politik in der unglücklichen Situation, zwischen zwei unbefriedigenden Varianten wählen zu sollen und machte bedauerlicherweise den Fehler, zu glauben, mittels einer Flut von Änderungsanträgen mal eben, zwischen Tür und Angel, eine sinnvolle Kompromissvariante finden zu können.

Dabei waren es doch die Wasserwelten, die das Thema verfehlt und ihre Hausaufgaben nicht sorgfältig genug gemacht hatten. Es wäre jetzt an ihnen gewesen, endlich, zumindest auf dem Wege der Nachbesserung ein wirklich durchdachtes und konsensfähiges Konzept zu erarbeiten. Eines, das den Bedürfnissen der Bürgerinnen und Bürger aller Altersgruppen, dem zu schützenden Standort, wie auch den heutigen Anforderungen an Nachhaltigkeit und Inklusion gerecht wird.

Unklarheit, was nun werden soll

Abermals wurde ein wertvolles Jahr vertan. Seit bald fünf Jahren hat keine Schülerin und kein Schüler mehr an einem Schwimmunterricht in Höntrop teilnehmen können. Ein ganzer Grundschuljahrgang wird später nicht sagen können: „Weißt du noch, damals im Höntroper Schwimmbad…“ Und es ist schon jetzt absehbar, dass einen weiteren Grundschuljahrgang dieses Schicksal ereilen wird. Denn bis heute haben die Wasserwelten kein konsensfähiges Konzept vorgelegt, geschweige denn einen Architektenwettbewerb, eine Planung oder einen Bauantrag. Anders, als unser neuer Bezirksbürgermeister Hans Peter Herzog zu glauben scheint, wird es im Südpark auch im kommenden Jahr keinen Baubeginn geben! Denn mit der Schaffung der dafür notwendige konzeptionellen, politischen und planerischen Voraussetzungen sind die Verantwortlichen, zu denen seit vielen Jahren auch Bernhard Baar von den Wasserwelten gehört, völlig in Verzug geraten. Der kürzlich auf dem Schwimmmeisterhäuschen aufgestellte Weihnachtsbaum und die damit geäußerten Hoffnungen auf einen baldigen Baubeginn werden sich auch im Jahr 2021, allein aufgrund der schweren, bis heute anhaltenden Versäumnisse, nicht erfüllen lassen.

Wer will die Gutachten alle zählen?

Und angeblich sind immer noch neue Gutachten in Arbeit, wer will sie alle zählen… Und wer kennt sie überhaupt? Denn bisher halten die Wasserwelten ihre Gutachten unter Verschluss. Politik und Öffentlichkeit werden lediglich ausgewählte Auszüge zugänglich gemacht. Auch dem Wunsch der Freundinnen und Freunde des Hallenfreibades Höntrop, die Kostenermittlungen zu den verschiedenen Varianten einmal näher betrachten zu wollen, will man nicht folgen und gab diese Informationen nicht heraus. Hat man bei den Wasserwelten Angst, dass ihre Zahlen einer kritischen Überprüfung nicht standhalten könnten?

Graue Energie und Ressourcenschonung, was ist das?

Und während noch immer kein Konsens darüber herrscht, wohin die Reise gehen soll, wurde im Südpark erst mal gründlich abgerissen. Auch der 85 m lange und 19 m breite Technik- und Umkleidetrakt des Freibads ist nun unwiederbringlich verloren. Dabei handelte es sich um eine Stahlskelettkonstruktion mit 2.700 m² Brutto-Grundfläche, dessen Baugrube, Gründung, tragende Konstruktion und Decken mit einem wieder nutzbaren Rohbauwert von rd. 1,6 Mio € zu Buche geschlagen hätten, wie unser Arbeitskreis Nachhaltigkeit ermittelte. Dabei wurden noch nicht die Ersparnisse bei den Abriss- und Entsorgungskosten berücksichtigt, von der Verschwendung der darin gebundenen grauen Energie und der Ressourcen ganz zu schweigen. Auf unsere diesbezüglichen Anregungen zur Integration dieses Gebäudeteils in ein neues Gesamtkonzept ernteten wir bei den Verantwortlichen leider nur unverständiges Schweigen, zuletzt bei einem Gespräch am 7. September 2020.

Verhaltenskodex Bürgerbeteiligung

Daneben muss festgestellt werden, dass die Einbindung der Bevölkerung in dieses so bedeutsame Projekt ebenfalls hinter den Erwartungen an moderne Partizipationsformen, die Bürgerinnen und Bürger heute haben dürfen, zurückbleibt. Verschiedene Grade der Beteiligung zeigt das folgende Schaubild:

Wie man erkennt wäre eine ehrliche Information und Kommunikation die Mindestanforderung. Schade, dass sich die Wasserwelten schon dazu nicht in der Lage sehen. Übrigens wurde die einzige Veranstaltung zur Bürgerbeteiligung / Bürgerpartizipation, die es seit der Schließung des Hallenbades im Jahr 2016 gab, weder von der Stadt Bochum, noch von den Wasserwelten initiiert. Vielmehr war es unser Verein, der im Rahmen seiner Jahreshauptversammlung am 21. März 2019 eine Informations- und Diskussionsveranstaltung im Höntroper Kolpinghaus ermöglichte:
http://schwimmeninhoentrop.de/2019/03/25/buergerbeteiligung-selbstgemacht/

Ausblick

Uns bleibt augenblicklich nichts anderes übrig als uns weiter in Geduld zu üben und nicht müde zu werden, unsere guten Argumente für eine vernünftige Lösung vorzutragen. Unser Verein hat bereits jetzt einen langen Atem bewiesen. Wir werden konstruktive und kritische Begleiter*innen der Schwimmbaderneuerung bleiben. Denn wir brauchen weder einen Vergnügungspark, noch einen „Schwimmpark“. Was wir brauchen ist ein nachhaltiges Schwimmbad im Park, ein „Parkbad“ für alle Menschen, und zwar so schnell wie möglich.

Der Vorstand der Freundinnen und Freunde des Hallenfreibades Höntrop wünscht allen einen guten Start ins neue Jahr, vor allem Zuversicht und bestmögliche Gesundheit!

Freundinnen und Freunde des Hallenfreibades Höntrop e.V.
– Der Vorstand –
Bochum-Wattenscheid, den 29. Dezember 2020