Variante FuF!

Foto: Sport- und Bäderbetriebe Essen

„Die Geschichte des Höntroper Schwimmbades muss noch nicht zu
Ende sein, Sie haben es in der Hand!“

So lautete der an die Holding für Versorgung und Verkehr gerichtete Appell anlässlich der aktuellen Aufsichtsratsitzung am 27.8.2021. Aber wir appellieren ja nicht nur: in unserem Brief haben wir Punkt für Punkt dargelegt, was vernünftigerweise am Schwimmbadstandort Höntrop geschehen könnte und wie sich das Verfahren beschleunigen ließe. Dem war ein Vereinstreffen vorausgegangen, in dem wir die aktuelle Situation erneut diskutierten und unseren Standpunkt schärften. Hier der Brief an den Aufsichtsrat der HVV im Wortlaut:

„Sehr geehrter Herr Eiskirch,
sehr geehrte Damen und Herren,

mit einer Entscheidung des Aufsichtsrates der Holding für Versorgung und Verkehr zum Höntroper Schwimmbad wird bereits seit einer ganzen Weile gerechnet. Wie die WAZ berichtete, soll es heute nun soweit sein.

Wir Freundinnen und Freunde des Hallenfreibades Höntrop, als langjährige Begleiter der Entwicklungen rund um dieses Schwimmbad, sehen dieser Entscheidung mit Bangen entgegen: denn auch jetzt noch, unmittelbar vor dieser weitreichenden Weichenstellung, hat sich noch kein breites politisches Votum für eine der diskutierten Varianten herausgebildet. Dies erstaunt uns letztlich nicht, da keines der vorgelegten Konzepte wirklich überzeugt. Wie die Presse außerdem erfuhr, stehe nun sogar die komplette Abkehr vom Schwimmbadstandort Höntrop im Raum.

Wir sind der Meinung, dass nach der viele Jahre währenden Debatte -innerhalb wie außerhalb der politischen Gremien- eine Entscheidungsreife hätte erreicht werden können und müssen. Dafür, dass diese bis heute fehlt, gibt es mehrere Gründe. Ein wesentlicher Grund liegt darin, dass die Bochumer Schwimmbadverwaltungen, zuletzt in Form der WasserWelten, über ein Jahrzehnt hinweg nicht in der Lage waren, ein konsensfähiges, bedürfnisorientiertes und die Haushaltsdisziplin wahrendes Konzept vorzulegen.

Hiermit möchten wir Ihnen einen Vorschlag unterbreiten, auf welche Weise nach unserer Überzeugung eine tragfähige und zukunftsorientierte Lösung erreicht werden könnte.

Kurzfassung unseres Vorschlags

Ausgehend von der Ihnen bekannten Variante 3 können durch sinnvolle Reduzierungen im Bereich der groß angelegten Außensaunen, insbesondere durch den Verzicht auf einen 500 m² großen Schwimmteich, erhebliche finanzielle Mittel freigesetzt werden. Gleiches gilt, wenn auf den Abriss des kompletten Freibades und die notwendige Wiederherstellung der Außenanlagen verzichtet würde. Durch diese Konzeptkorrekturen würden ausreichende Mittel frei, um eine maßvolle Sanierung des Freibades zu bewerkstelligen. Die dringend notwendige Beschleunigung des Verfahrens und ein wirtschaftliches Ergebnis ließe sich durch die umgehende Einleitung eines Verhandlungsverfahrens mit Teilnahmewettbewerb unter Beteiligung auf den Schwimmbadbau spezialisierter Generalübernehmer erreichen.

Begründung und nähere Erläuterung unseres Vorschlags

Vor eineinhalb Jahren, im zeitigen Frühjahr 2020, präsentierten die WasserWelten in den politischen Gremien zunächst fünf, fokusierten sich dann aber auf nur noch zwei Varianten für das künftige Höntroper Schwimmbad. Das erklärte Ziel der WasserWelten war es, ein Meinungsbild der Politik über deren Präferenzen einzuholen. Doch die Vorschläge spalteten die Gemüter, keine der skizzierten Varianten überzeugte die Politik.

Variante 1 der WasserWelten

Nur eine Minderheit wollte den Vorlieben des damaligen Geschäftsführers der WasserWelten folgen: ein 50 Mio Euro teures Prestigeobjekt, angelehnt an Konzepte, die vor zwanzig Jahren andernorts einmal erfolgreich waren. Es müsste dauerhaft mindestens 360.000 Besucher pro Jahr anziehen um sich wirtschaftlich einigermaßen rechtfertigen zu können und würde letztlich mit dem Freizeitbad Heveney um Besucher konkurrieren.

Zudem erscheint sie uns als absurde Variante, indem sie einerseits auf die hohe Aufenthaltsqualität des Standorts Südpark setzt, diese andererseits durch hohe Besucherzahlen stark beschädigen würde. Und wie eine Sensitivitätsanalyse unseres Vereins zeigte, steht die „Wirtschaftlichkeit“ der großen Variante ohnehin auf tönernen Füßen: schon das Ausbleiben eines Teils der Besucher würde ins wirtschaftliche Aus führen, indem der Zuschussbedarf weit über die prognostizierten Werte hinausginge.

Hinzu kommt, dass die große Variante vom überwiegenden Teil der interessierten Bürgerinnen und Bürger unserer Stadt abgelehnt wird, wie wir aus vielen persönlichen Gesprächen, Anrufen und Zuschriften wissen.

Variante 3 der WasserWelten

Aber auch diese von den WasserWelten als zweitbeste Lösung bezeichnete Variante fand nicht die Zustimmung der Politik. Denn die damit verbundene Schließung des traditionsreichen Höntroper Freibadangebotes bis hin zum Abriss des vor wenigen Jahren aufwändig sanierten Sprungturms leuchtete weder den Mandatsträgern ein, noch ließe sie sich den Bürgerinnen und Bürgern plausibel machen.

Mit der Herausstellung dieser beiden Alternativen durch die Bochumer WasserWelten war die Behauptung verbunden, dass ein guter jährlicher Deckungsbeitrag allein auf zwei Wegen erreichbar sei: entweder man schaffe ein großes Sport- und Freizeitbad mit Saunabereich-, Saunablockhäusern, Schwimmteich und einem Fitnesscenter, das dauerhaft 360.000 Jahresgäste anziehen würde, oder ein kleineres Schwimmbad, mit deutlich weniger Gästen, bei dem aber das Freibadangebot komplett entfallen, also abgerissen werden müsse.

Diese Behauptung war und ist unzutreffend.

Wir haben deswegen das persönlichen Gespräch mit der Geschäftsführung der WasserWelten gesucht. Wir haben darin dargelegt, wie ein konsensfähiges und zugleich nicht weniger wirtschaftliches Konzept aussehen könnte und vorgeschlagen, die WasserWelten mögen doch damit, bitte, erneut auf die Politik zugehen. Zwar hatte man gegen unsere Überlegungen wenig einzuwenden, wollte sich aber nicht die Blöße geben, mit einem neuen Vorschlag auf die Politik zuzugehen. Dadurch wurde eine weitere Chance vertan, dieses Projekt endlich voranzubringen.

Ein Schwimmbad der Vernunft

Unser Lösungsvorschlag ist ein Schwimmbad der Vernunft, ein Schwimmbad für unsere Stadt und den Bezirk, ein Konzept das zwischen den Varianten 1 und 3 angesiedelt und nicht darauf angewiesen ist, überregional Besucher anzulocken und andernorts abzuziehen.

Damit unser konzeptioneller Ansatz leicht nachvollziehbar ist, gehen wir von der Variante 3 aus, so wie sie die WasserWelten Anfang 2020 der Politik und der Öffentlichkeit vorstellten, siehe oben.

Folgende Überlegungen haben wir dazu angestellt:

  1. Optimierung des Saunaangebotes
    Wie man leicht erkennt, entspricht in Variante 3 die Außensauna genau derjenigen, wie man sie auch schon für die große Schwimmbadvariante mit weit über die Stadtgrenzen hinaus geplantem Einzugsbereich vorgestellt hatte. Eine solch große Außensauna macht aber für diese bescheidenere Badvariante wenig Sinn und würde weder die prognostizierten Besucherzahlen noch die erhoffte Kostendeckung erreichen können.

    Kann es außerdem sinnvoll sein, ein Freibadangebot abzureißen und exklusiv für Saunagäste einen 500 m² großen Schwimmteich an anderer Stelle neu zu bauen? Wir meinen nein und schlagen folgende Modifikation bei der Sauna vor:

    – Reduzierung des Angebotes / der Größe der Außensaunen
    – Verzicht auf den Schwimmteich
    – stattdessen ein Durchgang für Saunagäste ins Freibad (während der Saison)

  2. Abrisskosten durch Sanierungskosten ersetzen
    Weiter sah die Variante 3 den kompletten Abriss und Rückbau des Freibades, d.h. beider Becken, des bereits sanierten Sprungturms, der Abtretbecken und Duschen sowie der Oberflächenbefestigungen und Umgrenzungen vor. Wir meinen, diese kostspielige Vernichtung des Höntroper Freibades, der für unsere Bürgerinnen und Bürger ein identitätsstiftender Ort, also ein Ort des gemeinsamen Erlebens und der Erinnerungen ist, muss nicht sein und schlagen stattdessen vor:

    – Sanierung der beiden Freibad-Becken auf einfache Weise
    – zugleich Umnutzung des Sportbeckens in ein 25 m Schwimmerbecken, ein Nichtschwimmerbecken und ein Planschbecken, oder, alternativ, Errichtung eines separaten Planschbeckens
    – Reduzierung der Beckentiefe durch Absenkung der Überlaufrinne im Rahmen des ohnehin zu erneuernden Beckenrandes oder, alternativ, durch partielle Auffüllung der Betonwanne
    – ggf. Reduzierung der Beckenbreite um eine Bahn, d.h. 17,5 m statt bisher 20,0 m, dadurch Schaffung von Installationsraum entlang der Längsseite(n) für die Erneuerung der Beckenwasserleitungen sowie vorteilhafte Reduzierung der Wasseroberfläche

  3. So macht man das: Blau-Weiß Bochum
    Die WasserWelten waren von einem Investitionsvolumen im Freibad von 7,5 Mio € ausgegangen, einer Summe, die jede Wirtschaftlichkeitsbetrachtung für diesen Bereich stark belasten musste. Doch dieser Ansatz war technischen und zeitgeistigen Vorstellungen geschuldet, die willkürlich gesetzt waren, aus unserer Sicht aber überflüssig sind.

    Dass eine Freibadsanierung derartige Summen nicht zwangsläufig verschlin-gen muss, zeigt das Beispiel der Schwimmbadsanierung im Wiesental. Hier hat der Schwimmverein Blau-Weiß sein Sportbecken, das deutlich größer ist als das in Höntrop, außerdem sein Kinderbecken, seine gesamte Badewas-sertechnik, sowie alle Duschen und Toilettenräume saniert, und das mit Fördermitteln iHv nur 1,2 Mio €, die WAZ berichtete.

    Wie uns der Schwimmverein Blau-Weiß zeigt, muss selbst ein Schwimmbecken, in dem Bundesligisten und Olympioniken trainieren, nicht zwangsläufig eine teure Edelstahlwanne besitzen, so wie die WasserWelten es für Höntrop vorsahen. Bei Blau-Weiß hat man sich vor allem mit der wichtigen Sanierung des Beckenrandes befasst und hierfür eine wirtschaftliche Lösung gefunden. Die Wanne selbst hat lediglich eine neue Folienauskleidung erhalten.

    Und für Höntrop käme nach unserem Dafürhalten sogar ein ordentlicher, althergebrachter blauer Anstrich der Betonwannen in Frage, Hauptsache dieses Schwimmbad geht Bochum nicht verloren! Denn das, was die Menschen am Höntroper Schwimmbad schätzen, sind die Lage im Park und die Ruhe, die sich hier genießen lässt sowie der einzigartige Sprungturm, der die Jugend zu Recht nach Höntrop führte. Ob der Beckenboden aus Edelstahl, Kunststofffolie oder einem glatten Anstrich besteht, das ist für die Besucher wenig relevant, wohl aber für Investition und Wirtschaftlichkeit.

  4. So macht man das: Stadt Essen
    Beim Projekt Hallenfreibad Höntrop ist viel Zeit verspielt worden. Zur Beschleunigung des Verfahrens und auch um Kosten zu sparen, schlagen wir vor, schnellstmöglich ein Verhandlungsverfahren mit Teilnahmewettbewerb zur Vergabe der kompletten Planungs- und Bauleistungen einzuleiten. Damit sollte der geeignetste Anbieter gefunden werden, der die Planung- und schlüsselfertige Errichtung eines kompletten Hallenschwimmbades inkl. Sauna erbringen kann. Gerade auch Anbieter, die Hallenschwimmbäder im Baukastensystem planen und errichten sind in der Lage, ein für Höntrop und den zur Verfügung stehenden Bauplatz passendes Gebäude bei hoher Wirtschaftlichkeit zu realisieren.

    An dieser Stelle sei auf die Stadt Essen verwiesen, die bereits erfolgreich ähnliche Wege beschritt: mit dem neuen Sportbad Thurmfeld gelang es dort ein komplettes Hallenschwimmbad inkl. Blockheizkraftwerk bei einem Gesamtpreis von 11,5 Mio € zu errichten (siehe Titelbild). Wesentliche Merkmale dieses Bades sind:
  • ein wettkampfgerechtes 25m-Schwimmbecken mit 8 Bahnen
  • eine Sprunganlage mit 1-Meter-Sprungbrett und 3-Meter-Plattform
  • ein 167 Quadratmeter großes, multifunktionales Lehrschwimmbecken
  • sowie diverse Ausstattungen für den Wettkampfbetrieb inkl. 530 Zuschauerplätzen

    Wenngleich dieses Essener Schwimmbad nicht exakt dem entspricht, was wir hier in Bochum benötigen, so ist es jedoch ein Bauwerk, das zeigt, wie durch die Einschaltung allein auf den Schwimmbadbau spezialisierter Bauunternehmungen unkompliziert, preisgünstig und schnell ein Hallenbad entstehen kann.


Abschließend möchten wir noch einmal daran erinnern, dass nach unserer festen Überzeugung ein zeitgemäßer Schwimmbadneubau sowohl im Hinblick auf seine Nachhaltigkeit, als auch die Inklusion, mit größter Sorgfalt herzustellen ist und dies bereits Gegenstand des Teilnahmewettbewerbs sein muss.

Vielleicht wissen Sie, dass die Beschäftigung mit diesen Themen fester Bestandteil unserer mehrjährigen Vereinsaktivitäten ist und dass sich einige Baufachleute unter unseren aktiven Mitgliedern finden. Dies haben sich allerdings weder das Sport- und Bäderamt noch die WasserWelten bisher zu Nutze gemacht. Wäre es nicht wünschenswert, wenn sich hieran zukünftig etwas ändern würde, zum Wohle unserer Stadt?

Die Geschichte des Höntroper Schwimmbades muss noch nicht zu Ende sein, Sie haben es in der Hand!

Es grüßen freundlich, Ihre
„Freundinnen und Freunde des Hallenfreibades Höntrop“ e.V.
www.schwimmeninhoentrop.de
gez. Stefan Wolf – Vorsitzender
Tel.  Büro:  02327 / 994203″