Deutschland wird Heißland

Foto: BoKlima

Die Freundinnen und Freunde des Hallen- und Freibades Höntrop e.V. unterstützten am 25. März den Klimastreik der Fridays For Future in Bochum und thematisierten an Ihrem Infostand die Zusammenhänge zwischen Bäderpolitik auf der einen, und Klimaschutz, Klimaanpassung sowie Klimagerechtigkeit auf der anderen Seite.
Mangelhaftes „Bäderkonzept“

Es ist einer der schwerwiegenden Fehler des Bochumer „Bäderkonzepts“, dass darin der Klimawandel und seine Folgen, wenn nicht geleugnet, so zumindest aber völlig außer Acht gelassen werden. Welchen Sinn macht es in diesen nun dauerhaft heißeren Zeiten Freibäder schließen zu wollen? Wo es doch unstrittig ist, dass ein grundlegender Wandel der klimatischen Bedingungen längst begonnen hat. Deutschland wird wärmer und trockener.

So müssen wir in deutschen Städten mit Temperaturen, die bis zu 10 Grad über denen des Umlandes liegen können rechnen, sofern nicht wirksam gegengesteuert wird. Und diese Temperaturen kommen nicht nur an einzelnen Tagen, sondern gleich als Hitzeperioden daher. In den Nächten wird die ersehnte Abkühlung viel öfter ausbleiben (sogenannte tropische Nächte).

Plakat Freundinnen und Freunde des Hallen- und Freibades Höntrop e.V.
Warum ein Freibad unter Bäumen in Zeiten des Klimawandels aufgeben?

Es genügt bei Weitem nicht die Ursachen des Klimawandels zu bekämpfen, denn wir sind schon mittendrin und werden, wenn überhaupt, nur sehr langfristig gegensteuern können. Wir müssen uns deshalb, so traurig das ist, auch an das bereits unvermeidlich Gewordene anpassen. Wir müssen dafür sorgen, dass wir mitten in unseren Ballungsräumen Orte wie das Freibad in Höntrop erhalten, an denen es sich während der Hitzeperioden aushalten lässt. Deshalb werden wir beim Freibad Höntrop nicht locker lassen!

Was ist das Papier Wert, auf dem Bochumer Konzepte gedruckt werden?

Der Bochumer Öffentlichkeit wurde durch die Stadtverwaltung mitgeteilt, dass sich unsere Stadt bis 2035 grundlegend wandeln muss und wandeln soll:

Aus einem Vortrag von Fr. Eisenmann, Stabsstelle Klima und Nachhaltigkeit

Dieser notwendige Anpassungsprozess und die dementsprechenden Bemühungen von Frau Eisenmann und Ihrem Team finden unsere volle Unterstützung. Wie ist es aber möglich, dass die Bochumer Stadtwerke in den nächsten Jahren viele Millionen in die Bäder investieren werden, ohne dass die Herkulesaufgabe des Bochumer Klimaplans 2035 auch nur irgendeine Berücksichtigung in deren sogenanntem „Bäderkonzept“ gefunden hat?

Was nützen den Bürger:innen Konzepte, die in unserer Stadt mit großem Aufwand zeitgleich von verschiedenen Stellen entwickelt werden, wenn diese Konzepte voneinander scheinbar nichts wissen?

Soll der Bau von Privatpools forciert werden?

In den letzten Jahren ist die Zahl der Privatpools in Gärten sprunghaft angestiegen, dies meldet der Branchenverband. Aus unserer Sicht eine Tendenz, die vor dem Hintergrund zunehmender Trockenheit und Trinkwasserverknappung durchaus hinterfragt werden kann. Müsste ein Bäderkonzept nicht darauf zielen, attraktive Freibäder zu schaffen, anstatt vorhandene zu schließen? Moderne öffentliche Bäder, die mit dem wertvollen Gut Wasser und allen anderen Ressourcen viel effizienter umgehen könnten als private Pools?

Und was ist mit denjenigen, die über keinen eigenen Garten verfügen, an lauten Straßen ohne grüne Erholungsräume wohnen? Auf dem Balkon eine Bruthitze, in der Wohnung auch. Was machen die Menschen, die Familien und ihre Kinder? Ein erreichbares Freibad im Grünen ist ein Riesengewinn für die Bürger:innen, vor allem aber für Kinder und Jugendliche. Und nicht nur das: es ist auch ein Stück Klimagerechtigkeit.

Infostände der FuF zur Bäderpolitik und von BoKlima zur solaren Stromerzeugung
Aspekte nachhaltiger Freibäder

Gerade ein öffentliches Freibad lässt sich äußerst nachhaltig betreiben: Wärme für das Beckenwasser kann von einfachen Solarabsorbermatten bereitgestellt werden, die Wärme für das Duschwasser kommt dagegen aus Solarkollektoren, die höhere Temperaturen liefern. Der Strom für die Umwälzpumpen kommt von Photovoltaikmodulen, das Niederschlagswasser der Dächer wird aufgefangen und genutzt. Duschabwasser, sogenanntes Grauwasser, wird aufbereitet und wiederverwendet. Der Wasserinhalt der Schwimmbecken selbst kommt vielen Bürger:innen zu Gute, hat also einen Vielfachnutzen, anders als bei einem privaten Pool. Und nachts werden die Becken zur Vermeidung unnötiger Wärme- und Verdunstungsverluste abgedeckt.

Gründe für die Fehlentscheidungen des Rates am 3. März

Das sogenannte „Bäderkonzept“ bildet nur Teilaspekte einer komplexen Materie ab und stellte der Politik damit keine brauchbare Diskussionsgrundlage zur Verfügung. Das ist sicher einer der Gründe, weshalb es am 3. März im Rat der Stadt Bochum zu einer Fehlentscheidung in Sachen Freibäder kam.

Und die Verantwortlichen müssen sich fragen lassen, weshalb ihr „Bäderkonzept“ dermaßen unvollständig ist, nachdem doch das frühere Sport- und Bäderamt und anschließend die sogenannten „WasserWelten“ sich insgesamt fast ein Jahrzehnt für dessen Ausarbeitung Zeit genommen hatten.